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Geschrieben von Manfred Placzek am 08.06.2023 um 09:20:
Muss ein Porsche röhren?
Stuttgart Zu teuer, zu bonzig, zu laut, zu viel Schnickschnack: Wer sich an Porsche abarbeiten will, kann etliche solcher Punkte finden. Während etwa die meisten Autobauer ihre neuen vollelektrischen Modelle ins Schaufenster stellen, soll der 911er noch bis auf Weiteres mit einem Verbrennermotor röhren. Und komplett elektrisch bringt Porsche bislang nur ein Modell auf die Straße. Vom Zeitgeist lassen sich die Stuttgarter also offenbar nicht treiben. Und dennoch – oder gerade deswegen – ist Porsche 75 Jahre nach der Erstzulassung seines ersten Sportwagens so erfolgreich wie nie. Fragt sich nur: Bleibt das so, wenn die E-Mobilität Einzug hält?
35 PS, knapp 600 Kilogramm Gewicht und eine Spitzengeschwindigkeit von 135 Kilometern pro Stunde: Was heute so gar nicht nach Sportwagen klingt, war 1948 eine kleine Technik-Revolution. Der Porsche 356 erinnert mit seinen runden Scheinwerfern und seiner schnittigen Form aber immerhin optisch an seine etlichen Nachfolger. Am 8. Juni 1948 erhielt der in Gmünd in Österreich gefertigte Ur-Porsche seine Erstzulassung – das gilt als Geburtsstunde des Porsche-Sportwagens.
Seither hat sich viel getan: Rennsporterfolge, die Entwicklung des 911er im Jahr 1963 und Wachstum. Aber auch der drohende Niedergang der 90er Jahre, mit dem heute meistverkauften Modell Cayenne die Flucht ins SUV-Segment und eine verlorene Übernahmeschlacht mit Volkswagen.
Das Porsche-Klientel
Kaum geändert hat sich hingegen das Logo, das vorne auf den Fahrzeugen prangt. Seit 1952 wird das Wappen mit dem Pferd in der Mitte verwendet. Und auch wenn Porsche Anfang Juni eine Modernisierung vorstellte, die in einem drei Jahre langen Prozess entstanden sein soll, ist das Wappen mit dem Bezug zu Stuttgart, dem goldenen Hintergrund und den schwarz-roten Balken doch weitestgehend gleich geblieben.
Was sich nicht verändert hat, ist die Porsche-Klientel, wie der Wirtschaftspsychologe Rüdiger Hossiep von der Universität Bochum beobachtet. Die beschreibt er so: „Porsche-Fahrer wollen ausstrahlen, dass sie solvent, sportlich und gut drauf sind. Für viele – gerade für Männer – ist es auch ein Jugendtraum.“ Auch Porsche selbst spricht von der „hohen Loyalität“ seiner Kundschaft. Das habe sich auch nicht mit der Einführung der SUV geändert. Und mit der Einführung des einzigen vollelektrischen Modells Taycan seien auch neue Kundengruppen erschlossen worden.
Um herauszufinden, welche Menschen so ein Auto anzieht, lohnt ein Blick in Hossieps Umfragen. Demnach liegen Porsche-Fahrer auf den Dimensionen Sportlichkeit, Faszination, Genuss, Außenwirkung, Statusbewusstsein und etlichen weiteren deutlich über dem Schnitt aller Autofahrer. Weniger wichtig als dem Durchschnitt sind ihnen demnach die Regelkonformität, die Sicherheit und die Funktionalität. Bei einem Auto, bei dem das Zündschloss links montiert ist, weil das früher beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans einen Startvorteil versprach, sind das keine besonders überraschenden Ergebnisse.
Ein Porsche sei „ein Spielzeug für Leute, die gut Geld verdienen, gut unterwegs sind und dann aber auch zeigen wollen, dass sie Spaß am Leben haben“, drückt es der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer aus. Das habe auch etwas damit zu tun, sich dynamisch zu bewegen. Porsche-Kunden seien Menschen, die sich über Konventionen hinwegsetzen und Unternehmer spielen wollen, meint er. Auch deshalb sei Finanzminister Christian Lindner (FDP) so in Porsche verliebt.
Dass sich mit so einem „Spielzeug“ gutes Geld verdienen lässt, zeigt ein Blick auf die aktuellen Zahlen der Zuffenhausener. Die Gewinne steigen kontinuierlich. Und von einer Marge von zuletzt 18,2 Prozent können die allermeisten Autobauer nur träumen. Zudem rangiert Porsche kein Jahr nach dem Börsengang bereits im Dax und hat bei der Börsenbewertung die Konzernmutter VW schon lange hinter sich gelassen.
Nur was wird aus dem Spaß, wenn künftig nicht mehr der Boxermotor hinterm Rücken röhrt, sondern die Batterie für den Antrieb sorgt? Für Psychologe Hossiep geht das nicht wirklich zusammen. „Ein Leben mit einem elektrischen Porsche-Sportwagen ist möglich, aber sinnlos.“ Für Sportwagenfahrer gehörten Haptik, Geruch, Geräusche oder Vibrationen dazu. Das aus dem Lautsprecher kommen zu lassen, sei für viele undenkbar. „Da kann man sich genauso in einen Fahrsimulator setzen.“
E-Autos beschleunigen auch
Etwas anders sieht das Dudenhöffer: Elektroautos beschleunigten schneller als ein konventionelles Fahrzeug, das passe wieder zur Dynamik. „Von daher glaube ich, das passt eigentlich sehr gut zusammen.“ Die Zeit, in der Geschwindigkeit mit Krach unterlegt werde, gehe zu Ende. „Von daher glaube ich, Porsche wird überleben.“
Konkret plant Porsche, 2030 mehr als 80 Prozent der Neufahrzeuge vollelektrisch auszuliefern. Doch dieses Ziel ist 2022 in die Ferne gerückt: Weil deutlich weniger Exemplare des Taycan verkauft wurden, verringerte sich der reine E-Anteil von 13,7 Prozent auf 11 Prozent. Der Grund hierfür seien Versorgungsengpässe, heißt es vom Unternehmen. Auch Anfang 2023 setzte sich der Abwärtstrend fort.
Andererseits investiert Porsche in eine eigene Produktion von E-Fuels in Chile und setzt auf den potenziell klimafreundlichen Kraftstoff, um die große Bestandsflotte zu dekarbonisieren. Letztlich dürfte es dabei aber auch darum gehen, den Klassiker 911 weiter an den Mann und die Frau zu bringen. Denn eine vollelektrische Version des 911 soll es laut Unternehmen zumindest nach heutigem Stand nicht geben.
Die Batterien müssten deutlich leichter und kleiner werden, um das klassische Konzept eines 2+2-Sitzers mit dem Motor hinter der Hinterachse umzusetzen, erläutert eine Sprecherin. Man denke aber über eine sehr sportliche Hybridversion des 911 nach. „Der 911 wird noch so lange als Verbrenner zu kaufen sein, solange es genug Kunden gibt, die Verbrenner-Fahrzeuge nachfragen und solange die Regularien es erlauben.“ Die Nachfrage sei ungebrochen hoch. dpa
Quelle: Braunschweiger Zeitung vom 08.06.2023
Datenanhang: Ein geschmückter Porsche Targa, das Hochzeitsfahrzeug von Bundesfinanzminister Lindner und seiner Frau. Axel Heimken dpa
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